Wasserversorgung neu aufstellen

Was können wir heute schon dafür tun, damit es auch in 10, 20 oder 30 Jahren noch ausreichend Trinkwasser für die Menschen in der Verbandsgemeinde Montabaur gibt? Ausgehend von dieser Frage hatte der Werkausschuss eine Vorstudie zur interkommunalen Vernetzung der Wasserversorgung in Auftrag gegeben. Die Studie bezieht sich auf den Versorgungsbereich Süd, zu dem die Elbertgemeinden und das Buchfinkenland gehören. Die Ergebnisse stellten Werkleiter Andreas Klute und Justin Hörster vom Planungsbüro Berthold Becker jetzt öffentlich im Werkausschuss vor. Eckpunkte sind der Bau eines zentralen Hochbehälters bei Welschneudorf, eine neue Zuleitung von der Montabaurer Höhe und eine direkte Verbindung zum Versorgungsnetz der benachbarten Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau. Bis Jahresende will der Werkausschuss entscheiden, ob und wie das Projekt realisiert werden könnte. Dabei sollen auch die betroffenen Ortsgemeinden einbezogen werden.

Im Versorgungsgebiet Süd liegen die Elbertgemeinden Niederelbert, Oberelbert und Welschneudorf sowie die Buchfinkengemeinden Gackenbach, Horbach und Hübingen. Dort wohnen gut 5.200 Menschen. Zur Trinkwasserversorgung in dem Bereich gehören fünf Hochbehälter, in denen das Rohwasser aus acht Tiefbrunnen und Quellen gesammelt, aufbereitet und verteilt wird. 570 bis 900 Kubikmeter Wasser pro Tag werden in dem Bereich gewonnen; dem steht ein Verbrauch von durchschnittlich 1.100 Kubikmetern Trinkwasser pro Tag gegenüber. „Schon heute müssen wir täglich 200 bis 530 Kubikmeter Wasser aus anderen Versorgungsbereichen zuführen. Meist handelt es sich um zugekauftes Trinkwasser von den Vereinigten Wasserwerken Mittelrhein“, erklärte Werkleiter Andreas Klute. Die Hochbehälter wurden alle in den 1960er Jahren gebaut, ebenso die meisten Versorgungsleitungen, so dass hier erheblicher Sanierungsbedarf besteht. Neben dem täglichen Versorgungsdefizit und dem Sanierungsbedarf der Anlagen sieht der Experte Justin Hörster zwei weitere Knackpunkte: Zum einen liegen die Buchfinkengemeinden versorgungstechnisch quasi auf einer Insel, da sie durch nur eine Leitung mit dem restlichen Netz der VG verbunden sind. „Sollte diese Leitung mal außer Betrieb sein, warum auch immer, kann kein zusätzliches Wasser aus dem Gesamtnetz in diese Gemeinden geführt werden. Dann müsste im Extremfall der Tanklaster kommen“, so Hörster. Zum anderen sieht er ein Problem in der Kleinteiligkeit des lokalen Netzes: „Es gibt 14 Betriebspunkte, also Hochbehälter, Quellen, Brunnen und so weiter. Sie alle müssen ständig betreut, gepflegt, gewartet werden. Das ist ein enormer Aufwand an Personalzeiten und Betriebskosten.“ 

Im Rahmen der Vorstudie schlägt Justin Hörster dem Werkausschuss ein Maßnahmenpaket vor, das im Kern aus drei Elementen besteht: einem neuen zentralen Hochbehälter bei Welschneudorf, einer neuen Zuleitung von der Montabaurer Höhe (für zugekauftes Wasser der VWM) und eine enge Verbindung mit dem Versorgungsnetz der benachbarten VG Bad Ems – Nassau. Für das Szenario gibt es zwei Planungsvarianten, die sich im Wesentlichen in der Frage unterscheiden, ob die Wasseraufbereitung im neuen Hochbehälter Welschneudorf oder im ebenfalls neu gebauten Hochbehälter Nassau Nord oder an beiden Stellen durchgeführt wird. Entsprechend müssten die Anlagen dimensioniert und ausgebaut sein. Die Vorteile liegen für Hörster klar auf der Hand: Durch den Neubau eines zentralen Hochbehälters könnten die alten Hochbehälter stillgelegt, deren Sanierung gespart und vor allem die Zahl der Betriebspunkte reduziert werden. Der neue Hochbehälter würde so groß sein, dass dort das Wasser für alle sechs Ortsgemeinden gesammelt, aufbereitet und gespeichert werden könnte. Die Kapazitäten würden auf den benachbarten Hochbehälter Nassau Nord abgestimmt, beide Hochbehälter würden mit einer neuen Leitung miteinander verbunden. „So kann man die Kräfte bündeln und sich bei Engpässen gegenseitig aushelfen. Die eine Anlage würde die andere ergänzen“, erklärt Hörster. Er berät auch die Werke der VG Bad Ems – Nassau, wo man der vorgeschlagenen Kooperation offen gegenübersteht. Zusätzlicher Vorteil: Interkommunale Projekte in der Wasserversorgung werden seitens des Landes gefördert, wenn sie eine bestimmte Größenordnung erreichen. Die Kosten liegen nach grober Schätzung bei etwa 10 Mio. Euro. In beiden Planungsvarianten schlägt Hörster vor, eine neue Trinkwasserleitung von der Montabaurer Höhe zum neuen Hochbehälter bei Welschneudorf zu bauen, um zugekauftes Wasser schnell und einfach transportieren zu können. Allerdings muss dafür zunächst geprüft werden, ob die Kapazitäten der vorhandenen Anschlussleitung ausreichen, die von der Pumpstation Hühnerberg bei Simmern kommend über die Montabaurer Höhe verläuft. Sämtliche Berechnungen zur Planung des Projektes orientieren sich an den Spitzenwerten, wenn in heißen, trockenen Phasen im Sommer sehr viel Wasser verbraucht wird und wenig eigenes Wasser gefördert werden kann. „Leider“, so Hörster, „ist es sehr schwierig, die Entwicklung im Wasserverbrauch in den nächsten 10 bis 20 Jahren oder darüber hinaus abzuschätzen. Und auch das Wachstum der Bevölkerung in den betroffenen Ortsgemeinden lässt sich kaum seriös vorhersagen. Das sind die großen Unbekannten bei solchen Zukunftsprojekten.“ Klar scheint indes, dass die Wasserknappheit im südlichen Westerwald eher schlimmer wird, denn die Grundwasserneubildung geht seit Jahren zurück.

Als Alternative zu dem beschriebenen Szenario käme die Sanierung der bestehenden Anlagen in Betracht. Sie würde in Summe etwa das gleiche kosten, allerdings würde dadurch keine Verbesserung der Situation erreicht, die Probleme nicht gelöst. Im Rahmen der Vorstudie werden im Herbst einige Probebohrungen durchgeführt, um einen geeigneten Standort für den möglichen neuen Hochbehälter bei Welschneudorf zu finden und nach nicht genutzten Wasservorkommen zu suchen. In der Zwischenzeit werden sich Werke und Werkausschuss mit den Varianten im Detail befassen, die betroffenen Ortsgemeinden einbeziehen, die Gespräche mit den Nachbarn der VG Bad Ems-Nassau aufnehmen und Fördermöglichkeiten ausloten. „Falls das alles zügig geht, könnte der Startschuss für das Projekt noch in diesem Jahr fallen. 2022 würden für Planung und Ausschreibungen gebraucht. Bei optimalem Verlauf könnten die Bauarbeiten 2023 beginnen“, beschreibt Werkleiter Andreas Klute den ambitionierten Fahrplan.