Vom Rathaus zur Jugendherberge

Das Montabaurer Rathaus kann in eine Jugendherberge umgebaut werden. Stadt und Verbandsgemeinde (VG) stehen hinter dem Projekt und werden ihre jeweiligen Eigentumsanteile an das Jugendherbergswerk veräußern. Dessen Landesverband Rheinland-Pfalz / Saarland will das Gebäude von Grund auf sanieren und eine City-Jugendherberge eröffnen. Die Pläne dazu legten die Vertreter des Jugendherbergswerks zusammen mit dem Projektpartner Fries Architekten den Gremien vor: Einstimmig (Stadt) bzw. mit großer Mehrheit (VG) beschlossen die Räte, den Verkauf der jeweiligen Gebäudeanteile für null Euro. Die Stadt wird außerdem einen Investitionszuschuss in Höhe von 1 Mio. Euro für den Bau der Jugendherberge zahlen. Insgesamt beläuft sich die öffentliche Förderung auf rund 3,2 Mio. Euro. Das historische Rathaus der Stadt ist nicht Teil des Projekts.

 

Die geplante City-Jugendherberge

Visualisierung eines modernen Stadtplatzes in Montabaur mit der geplanten City-Jugendherberge im Hintergrund, einem runden, mehrstöckigen Gebäude mit schlichten Fenstern und einem begrünten Dach. Menschen flanieren über den Platz, darunter Kinder, Familien und eine Frau mit einem kleinen weißen Hund, während im Zentrum ein großes, schirmartiges Sonnensegel Schatten spendet. 
So könnte die neue City-Jugendherberge in Montabaur aussehen.

Zum Gebäudeensemble „Rathaus“ gehören die oberen Etagen des Gebäudes Konrad-Adenauer-Platz 8 sowie damit verbunden die oberen Etagen von Haus Nr. 9 (Haus Hager), wo heute die VG-Werke, die Stadtbibliothek und das Stadtarchiv untergebracht sind. Diese Anteile will das Jugendherbergswerk für Rheinland-Pfalz und das Saarland (JH) erwerben und dort eine City-Jugendherberge errichten, verteilt auf drei barrierefrei erreichbaren Wohnetagen in den Obergeschossen. So soll die größte Jugendherberge in Rheinland-Pfalz entstehen – mit 390 Betten in 87 Zimmern. Das Angebot richtet sich an Schulklassen, Familien und Gruppen (z.B. von Vereinen), die zusammen mehr als 95% der typischen JH-Gäste ausmachen. Für diese Zielgruppen werden Gruppen- und Spielräume in das Gebäude integriert, ebenso wird es ein Restaurant und eine Bar für die Gäste geben. Im Erdgeschoss sind Ladengeschäfte untergebracht, die allesamt in privatem Eigentum stehen und erhalten bleiben. Deshalb wird dort nur der Eingang der Jugendherberge angesiedelt und im ersten Obergeschoss Rezeption, Lobby, Restaurant und die Küche. Das hohe Dachgeschoss mit dem heutigen Sitzungssaal wird in zwei Wohngeschosse umgebaut in umweltfreundlicher und energieeffizienter Holzbauweise. Die Gebäudehülle soll im KfW 40 EEStandard gebaut werden – das trägt durch den Einsatz von Wärmepumpen, Wärmerückgewinnungssystemen und Photovoltaik-Anlagen zu niedrigeren Betriebskosten bei. Das alte Rathaus-Gebäude wird komplett entkernt; nur das Beton-Skelett bleibt stehen. So kann vorhandene Bausubstanz wiederverwendet und Ressourcen geschont werden. Die Entwürfe stammen vom Büro Fries Architekten, das vom JH mit der Umsetzung des Projektes beauftragt wurde. Nach Anregungen aus den Gremien und der Öffentlichkeit werden die vorgestellten Planungen derzeit nochmal überarbeitet.

 

Kosten und Finanzierung

Die Kosten für die umfassende Sanierung des Gebäudes, die Aufstockung und die Einrichtung einer Jugendherberge beziffern die Projektpartner mit 22,6 Mio. Euro. Eine Unterstützung seitens der KfW in Höhe von 2,9 Millionen Euro ist in Aussicht gestellt. Weitere 3,2 Mio. Euro bringen Stadt und VG ein (Details siehe nächster Absatz), so dass der Eigenanteil der JH bei 16,5 Mio. Euro liegt. Das Jugendherbergswerk ist gemeinnützig; die Voraussetzungen für eine kommunale Förderung liegen vor. Ohne den kommunalen Zuschuss kann das Projekt nicht finanziert werden.

 

Viele Beteiligte, viele Entscheidungen

Da Stadt und VG jeweils eigene Anteile an dem Gebäudekomplex haben, haben die Gremien beider Ebenen jeweils einzeln entschieden. Der Anteil der Stadt ist rund 640.000 Euro wert; die Stadt wird zusätzlich eine Förderung von 1 Mio. Euro zahlen, so dass sie unter dem Strich rund 1,6 Mio. Euro zuschießen will. Der Gebäudeanteil der VG wird mit 1,6 Mio. Euro veranschlagt; die VG verzichtet auf den Kaufpreis – so die jeweiligen Beschlüsse. Derzeit arbeitet die Verwaltung in Zusammenarbeit mit Fries Architekten den Kaufvertrag aus. Dem müssen dann noch die Miteigentümer der übrigen Gebäudeteile einzeln zustimmen, insgesamt acht weitere Parteien, auch wenn sie ihr Eigentum behalten. In Vorgesprächen haben sie sich bereits positiv über das Vorhaben geäußert. Sobald ihre Unterschriften vorliegen, können Stadt und VG den Kaufvertrag unterzeichnen. Auch die Gremien des Jugendherbergswerks müssen dem Projekt noch final zustimmen.


Was bringt eine City-Jugendherberge für Montabaur?

Eine Jugendherberge in zentraler Lage von Montabaur würde einen deutlichen Schub für die Stadtentwicklung bedeuten. Das betonten die Sprecher der Fraktionen im Stadtrat und im VG-Rat. Es würde ein modernes Gebäude entstehen, das sich in die Bebauung am Konrad-Adenauer-Platz einpasst und durch seine Gäste viel Frequenz für die Innenstadt bringt. Davon können Einzelhandel und Gastronomie profitieren und neue Angebote entstehen. Die Besucher können vorhandene Einrichtungen wie das Schwimmbad, die Freizeitanlage Quendelberg, das Kino und andere Kulturangebote nutzen und Ausflüge in die Umgebung machen. All das fördert den Tourismus und damit die regionale Wirtschaft. Auch die überregionale Bekanntheit Montabaurs wird gestärkt und bringt weitere Frequenz.

 

Leerstand wäre ein Problem

Im Sommer 2016 hat die VG entschieden, ein neues Verwaltungsgebäude zu bauen (das Verbandsgemeindehaus) und damit den Standort am Konrad-Adenauer-Platz aufzugeben. Seither gab es vielfältige Versuche, das bisherige VG-Rathaus zu verkaufen und in eine sinnvolle, dem Standort angemessene Nachnutzung zu bringen. Etliche Interessenten haben sich das Gebäude und das Umfeld angesehen, aber schließlich doch abgesagt – aus unterschiedlichen Gründen. 2021 haben Fries Architekten erstmals Interesse an dem Gebäude bekundet, zunächst mit der Idee, es in ein Hotel umzubauen. Auch das hat sich zerschlagen. Derzeit ist der Verkauf an das Jugendherbergswerk die einzige Option, die Stadt und VG haben. Was die Zukunft bringen könnte, ist ungewiss. Ein längerer Leerstand wäre allerdings ein Problem, denn ein großes leerstehendes Gebäude an zentraler Stelle in der City prägt sein Umfeld, erweckt den Eindruck einer toten Innenstadt. Je länger das Haus nicht genutzt wird, umso schwieriger wird die Vermarktung. Hinzu kommt, dass auch ein leerstehendes Gebäude unterhalten werden muss; die Kosten dafür liegen bei 90.000 Euro im Jahr. Aus eigenem Interesse aber vor allem im Sinne der Montabaurer Innenstadt wollen Stadt und VG eine gute Nachnutzung für das Gebäude entwickeln.

 

Warum kann die Verwaltung das Rathaus nicht länger nutzen?

Die Entscheidung, ein neues Verwaltungsgebäude zu bauen, fiel schon vor 10 Jahren. Das heutige VG-Rathaus hat eine schlechte Substanz und muss kernsaniert werden. Das ist bei laufendem Betrieb nicht möglich; die Verwaltung hätte für mehrere Jahre ausgelagert werden müssen. Das hätte Kosten in Millionenhöhe verursacht; ein oder mehrere geeignete Gebäude standen für eine Auslagerung seinerzeit nicht zur Verfügung. Hinzu kommt: Für ein Bürogebäude hat der Komplex viele funktionale Mängel. Ein Beispiel: Die Nutzfläche beträgt gerade einmal 60%, der Rest wie Flure und Treppenhäuser nehmen 40% ein. Zum Vergleich: Im neuen Verbandsgemeindehaus wird das Verhältnis bei effektiven 85% zu 15% liegen. Darüber hinaus gibt es deutliche Mängel bei der Energieeffizienz und im Brandschutz, die nur bei einer umfassenden Sanierung behoben werden können. Außerdem ist die Verwaltung in den letzten 10 Jahren mit ihren Aufgaben gewachsen: Bereiche wie Umwelt- und Klimaschutz oder Digitalisierung gab es noch gar nicht, Aufgabenbereiche wie Kitas oder Asyl wurden enorm ausgedehnt. Das Verwaltungsgebäude, das 2015 schon an seine Kapazitätsgrenzen gekommen ist, reicht heute bei weitem nicht mehr aus.

 

Was ist mit der alten Jugendherberge im Gelbachtal?

Die ehemalige Jugendherberge wurde zu Beginn der Corona-Pandemie geschlossen und später nicht wieder eröffnet. Es war eine wirtschaftliche Entscheidung des Jugendherbergswerks. Es folgte eine Zwischennutzung durch eine private Firma. Im Herbst 2024 kaufte die Stadt das Gebäude mit dem Ziel, dort ein Haus der Begegnung für Bürger und Vereine einzurichten und Wohnraum für Geflüchtete zu schaffen. „Haus Roßberg“, wie das Haus heute heißt, wurde im Mai eröffnet. Als das Jugendherbergswerk mit der Idee einer City-Jugendherberge an die Stadt Montabaur herantrat, waren die Vorbereitung und Bauarbeiten zum Umbau der alten Jugendherberge längst im Gange. Auch verfolgt das Jugendherbergswerk mit den dem City-Konzept einen anderen Ansatz als ihn die alte Jugendherberge in ihrer Alleinlage im Grünen hatte.


Was passiert mit dem historischen Rathaus?

Nach dem Auszug der Verwaltung wird das ehrwürdige alte Rathaus ebenfalls umfassend saniert. Dort soll später die Stadtbibliothek und die Stadtverwaltung untergebracht werden. Die Stadtbibliothek wird voraussichtlich noch in diesem Jahr in ihr „Zwischenquartier“ in der Sauertalstraße 19 umziehen.